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Turnerin Janine Berger kehrt in die Bundesliga zurück

Nach vielen Höhen und Tiefen hat die 21-Jährige vom SSV Ulm 1846 ein neues Verhältnis zu ihrer großen Leidenschaft, dem Kunstturnen, gefunden – und sucht wieder  den Wettkampf.

 

Als Janine Berger im Herbst 2016 die Hallentür im Ulmer Leistungszentrum Turnen hinter sich schloss, wusste sie nicht, ob sie jemals wieder hierhin zurückkehren würde. Aus dem Ort, an dem die Olympia-Vierte von 2012 ihre größten Erfolge erarbeitet hatte, war ein Ort geworden, den sie nur noch mit Schmerzen und Niederschlägen verband. „Ich war komplett am Boden und konnte die Halle nicht mehr sehen. Ich dachte, dass ich nie wieder turnen werde“, erinnert sich Janine Berger an die Situation nach vier Jahren voller Verletzungen,  Comebacks und erneuten Rückschlägen, die Körper und Psyche ausgelaugt hatten. Doch letztlich keimte in diesem vermeintlichen Abschied vom Leistungssport bereits ein neuer Anfang.

Denn heute, ein gutes Jahr später, schwingt Janine Berger wieder mit Freude am Stufenbarren – und hat sogar vor, beim zweiten Wettkampftag in der 2. Kunstturn-Bundesliga wieder an den Start zu gehen. „Ich habe ein gutes halbes Jahr gar nichts mehr mit dem Sport zu tun gehabt. Dadurch habe erkannt, dass das Turnen meine große Leidenschaft ist, aber nicht das einzige im Leben.“ Sie hatte gelernt, das große Loch mit Familie, Freunden und ihrem aufgenommenen Medien-Studiengang in München zu füllen. „Ich musste lernen, dass ich nicht nur durch Erfolge im Turnen glücklich werde, sondern dass das Leben noch andere Facetten hat“, erklärt Berger, die auch psychologische Hilfe in Anspruch nahm, um sich aus dem Gefühl der Sinnlosigkeit nach den vielen sportlichen Rückschlägen herauszuarbeiten.

Neues Lieblingsgerät

Doch als der Meniskus Anfang dieses Jahres erneut operiert worden war – es war bereits der vierte Eingriff am Knie – kam langsam wieder die Sehnsucht nach Magnesium und Matte. Im April wagte die Studentin wieder erste „Gehversuche“ am Stufenbarren – und es machte ihr nicht nur Spaß. „Ich merkte auch, dass meine ganzen Übungen von früher fast auf Anhieb wieder funktionierten“, sagt die 21-Jährige,

Auch wenn die Rückkehr an das einstige Paradegerät Sprung aktuell kein Thema ist: Dass Janine Berger überhaupt wieder ans Leistungszentrum auf dem Ulmer Kuhberg zurückkehrte, kam auch für ihren Trainer Gabor Szücs etwas überraschend. „Allerdings wusste ich auch, dass Janine eine Sportverrückte ist, die eigentlich immer turnen will“, sagt der Coach, der die Ulmer Vorturnerin all die Jahre begleitet hat und ebenfalls den positiven Effekt der Trainingspause bemerkt hat: „Janine sieht jetzt besser aus. Alles was sie macht, funktioniert jetzt von alleine, weil der große Druck nicht mehr da ist.“ Janine Berger kann kommen und gehen wann sie will, und doch trainiert sie inzwischen fast täglich. Dabei liegt Ulm gar nicht auf dem Heimweg von ihrem Studienort München  nach Bubesheim.

Sensationell findet Szücs, dass Janine Berger nahezu nahtlos an ihre alte Form anknüpfen konnte und schon nach wenigen Trainingswochen wieder eine Bundesliga-reife Barren-Übung drauf hat. „Das zeigt welch riesiges Talent dieses Mädchen hat. Sie kaum etwas verlernt.“

Ganz ohne Schweiß und Schmerzen geht es aber auch jetzt noch nicht, und so lassen die vielen Schwielen, Blasen und roten Flecken an Janine Bergers Händen erahnen, was Barrenturnen auf diesem Niveau bedeutet. Janine Berger, die im Knie nach wie vor nicht ganz schmerzfrei ist, sieht jetzt sogar das positiv: „Es klingt vielleicht verrückt, aber dadurch spüre ich auch, dass ich wieder mittendrin bin, statt nur dabei.“ Und das soll am Samstag in Heidenheim jeder sehen, wenn dort ab 12 Uhr die 2. Bundesliga zu Gast ist. Die Punktzahl oder Platzierung wird dabei erstmals für Janine Berger zur Nebensache: „Dass ich nicht nur körperlich, sondern vor allem psychisch wieder so weit bin, überhaupt bei einem Turnwettkampf an den Start zu gehen. Das ist für mich die absolute Krönung.“ (Quelle: SWP, 10.10.2017)